Der Tarifvertrag
Vorraussetzung für einen rechtswirksamen
Tarifvertrag ist zunächst einmal das richtige Zustandekommen.
Der Tarifvertrag und seine Rechtsgrundlagen
Begriffe und Funktionen rund um den Tarifvertrag
Der Rechtmäßige Arbeitskampf
Aufbau und Wirkung eines Tarifvertrages
1. Der Tarifvertrag und seine Rechtsgrundlagen
Die wesentlichste Verankerung haben Arbeitskampf und
Tarifvertrag im höchsten Gesetz der
Normenpyramide gefunden. Das Grundgesetz sichert in Artikel 9 Absatz 3 das Recht zu,
zur Wahrung der Arbeits- und Lebensbedingungen Koalitionen zu bilden. Dort ist also das Grundrecht auf
Koalitionsfreiheit geregelt.
Eine konkrete Ausgestaltung erfährt dieses Grundrecht durch einfache Gesetze. So regelt insbesondere das
Tarifvertragsgesetz die genauen Rechtsbeziehungen in und um den Tarifvertrag.
2. Begriffe und Funktionen rund um den Tarifvertrag
a) Koalition
Im Grundgesetz ist die Bildung von Vereinigungen zur Wahrung der Lebens- und Arbeitsbedingungen geschützt. Auf Seiten der
Arbeitnehmer sind dies die Gewerkschaften auf Seiten der Arbeitgeber die Arbeitgeberverbände. Eine solche
Koalition muss daher auch verschiedene Voraussetzungen erfüllen, um den Schutz des Grundgesetzes genießen zu
können. Diese Voraussetzungen sind:
- gegnerfrei (In der Koalition dürfen keine Vertreter der Gegenpartei im Arbeitskampf vertreten sein)
- unpolitisch (Ziel der Koalition darf auch nur die Wahrung der Lebens- und Arbeitsbedingungen z.B. durch höhere
Löhne, nicht weitergehende politische Ziele z.B. Verhinderung eines Gesetzes oder Kriegseinsatzes der Bundeswehr sein)
- überbetrieblich eine Koalition darf sich nicht nur auf einen Betrieb beschränken
- tariforientiert Ziel der Koalition ist Abschluss eines TV, die Koalition muss daher bereit zum Arbeitskampf
sein und auch bereit sein, diesen Arbeitskampf nach Findung einer Einigung zu beenden
- branchenorientiert
- demokratisch organisiert die Koalition muss ihre Leitung und Entscheidungsfindung auf demokratische Weise
regeln z. B. gewählter Vorstand, Urabstimmungen
- freiwillig organisiert. Es muss den Mitgliedern freistehen, ob sie der Gewerkschaft oder dem
Arbeitgeberverband beitreten oder nicht. Körperschaften mit Zwangsmitgliedschaften (IHK, Handwerkskammer, Rechtsanwalts-,
Steuerberater- oder Ärztekammern) können keine Koalitionen sein.
b) Der Tarifvertrag
Der
Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen einer Arbeitgebervereinigung oder einem Arbeitgeber (Firmentarifvertrag)
und einer Gewerkschaft, der die Regelung von Arbeitsbedingungen zum Gegenstand hat. Zu den Funktionen des Tarifvertrages
gehören:
- die Verteilung des Einkommens,
- die Ordnung der Berufsgruppen
- Friedensfunktion (Während der Geltung eines Tarifvertrages ruht der Arbeitskampf)
- Schutzfunktion vor wirtschaftlicher Übermacht des AG
Der Tarifvertrag muss schriftlich geschlossen werden.
c) Tarifautonomie
Tarifautonomie garantiert den Parteien die Freiheit bei der Aufnahme, dem Abschluss und der Gestaltung der Tarifverträge
von staatlichen Einflüssen. Die Koalitionen können durch den Staat nicht gezwungen werden Tarifverhandlungen aufzunehmen
oder einen Tarifvertrag mit einem bestimmten Inhalt abschließen.
d) Arbeitskampf
Der Arbeitskampf ist das Mittel zum Abschluss eines Tarifvertrages. Auf Seiten der Gewerkschaft ist das Mittel der
Streik. Auf Seiten der Arbeitgeberverbände ist das Mittel der Aussperrung gegeben.
3. Der rechtmäßige Arbeitskampf
a) Rechtsmäßigkeitskriterien des Arbeitskampfes
Arbeitskampfmaßnahmen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Tun sie das nicht, sind sie rechtswidrig.
Die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Streiks sind:
- Einhaltung der Friedenspflicht: solange ein Tarifvertrag gilt ist in diesem auf die tarifliche
Friedenspflicht enthalten. Das heißt, dass über alle Dinge, die bereits tarifvertraglich geregelt sind, keine
Arbeitskampfmaßnahmen geführt werden dürfen. Vor dem Arbeitskampf steht also die Kündigung oder das Eintreten der
zeitlichen Befristung des Tarifvertrages.
- Ziel ist der Abschluss eines Tarifvertrages: politische Ziele (Abschaffung von Harz IV) oder andere Ziele
(Sympathiestreiks für andere Branche) sind nicht auf den Abschluss eines eigenen neuen Tarifvertrages gerichtet. Sie
dürfen daher nicht zur Forderung eines Arbeitskampfes gemacht werden.
- Unter Leitung einer tariffähigen Partei: da als Ziel ja ein Tarifvertrag stehen muss, kann nur eine
tariffähige Partei die Führung des Arbeitskampfes übernehmen.
- Einhaltung der Verfahrensvorschriften: vor Einleitung eines Streikes muss die Gewerkschaft sich versichert
haben, dass es dem gemeinsamen Willen der Mitglieder entspricht sie führt daher eine Urabstimmung durch.
- Verhältnismäßigkeit: das gewählte Mittel des Arbeitskampfes muss immer das relativ mildeste Mittel sein. Ein
Streik zur Durchsetzung einer Forderung die die Arbeitgeberseite bereits eingeräumt hat, ist nicht verhältnismäßig.
Die Arbeitsniederlegung bei einem rechtswidrigen oder
"wilden Streik" stellt eine unberechtigte
Arbeitsverweigerung dar und berechtigt den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung.
b) Aussperrung
Das Mittel des Arbeitgebers, dem Streik zu begegnen, ist die Aussperrung der übrigen Arbeitnehmer. Dieses Vorgehen ist
immer dann zulässig, wenn er zur Abwehr eines rechtmäßigen Streiks dient (Abwehraussperrung). Hier tragen die AN das
Arbeitskampfrisiko und können keine Lohnzahlung nach § 615 BGB verlangen. Auch die übrigen Arbeitgeberpflichten
(Sozialversicherung u.s.w.) werden suspendiert (ausgesetzt).
Stark umstritten ist die so genannte Angriffsaussperrung, die meist für unzulässig gehalten wird. Der Arbeitgeber
eröffnet hier ohne Streik der AN den Arbeitskampf mit der Aussperrung. Die Rechtsprechung geht dann davon aus, dass ein
Annahmeverzug des Arbeitgebers und damit eine Vergütungspflicht nach § 615 BGB vorliegt.
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