Nichtigkeit von Verträgen durch Anfechtung
Durch
Anfechtung kann ein Rechtsgeschäft unwirksam, also nichtig werden. Für
die Anfechtung eines Rechtsgeschäftes bedarf es
aa) Anfechtungsgrund
Für den Anfechtungsgrund kommt es darauf an, ob er aus der Sphäre des Anfechtenden oder des Anfechtungsgegners kommt.
Ein Anfechtungsgrund aus der Sphäre des Anfechtenden ist:
- Der Inhaltsirrtum: Der Erklärende irrt sich über den Inhalt
des Erklärten
Jemand bestellt Ginger Ale, und stellt sich darunter einen
Cocktail vor. § 119 I BGB
- Der Erklärungsirrtum: Der Erklärende sagt / schreibt
versehentlich etwas anderes als gemeint war. § 119 I BGB
A will eine kostbare Ming-Vase für 20.000,00 € verkaufen.
In seinem Angebot schreibt er aber 2.000,00 €.
- Der Eigenschaftsirrtum: (auch erheblicher Motivirrtum) Der Erklärende
irrt sich über eine Eigenschaft des Vertragsgegenstandes, die dieser
dauerhaft anhaftet und den Wert der Sache bestimmt. § 119 II BGB Nicht
erheblich ist jedoch der Irrtum über den Wert der Sache selbst.
A kauft ein Bild. Er glaubt es sei von Lucas Cranach d.Ä.
tatsächlich ist es von Peter Wiesenbauer einem Hobbymaler aus der
Nachbarschaft. Der Irrtum betrifft eine Eigenschaft, die für
den Wert erheblich ist.
Weiß er jedoch, dass das Bild von Peter Wiesenbauer ist
und glaubt nur, dass es wesentlich wertvoller ist, als der tatsächliche
Marktpreis, so liegt kein Eigenschaftsirrtum vor.
nicht aber der Motivirrtum: Motivirrtümer berechtigen nicht
zur Anfechtung. Motivirrtümer sind alle Irrtümer, die sich nicht
direkt auf den Vertragsgegenstand beziehen.
A lebt mit B zusammen. B teilt dem A mit, Sie sei schwanger.
Daraufhin eilt A los, um einem Kinderwagen zu kaufen. Später stellte
sich heraus, die B war nur an einer Magen- und Darmgrippe erkrankt. Es
lag keine Schwangerschaft vor. Hier bezieht sich der Irrtum auch auf eine
Person. Diese ist jedoch nicht Gegenstand des Vertrages, sondern der
Kinderwagen.
- Die falsche Übermittlung: Die falsche Übermittlung der Willenserklärung durch einen Boten
berechtigt ebenfalls zur Anfechtung. § 120 BGB
Die zuvor genannten Anfechtungsgründe berechtigen nur zu einer
sofortigen Anfechtung.
Der Anfechtungsgrund kann aber auch durch den Vertragspartner des Anfechtenden verursacht werden, also aus der Sphäre des Anfechtungsgegnes stammen:
-
Die widerrechtliche Drohung: Erklärungen, die unter widerrechtlicher
Bedrohung abgegeben worden sind, sind anfechtbar. § 123 I BGB. Eine einfache Drohung reicht nicht aus. Die Drohung muss auch der allgemeinen Rechtsordnung widersprechen, also tatsächlich widerrechtlich sein.
Die A will, dass der B den Schaden, den er bei einem
Unfall verursacht hat bezahlt. Sie lässt ihn einen Schuldschein
unterzeichnen und droht damit, fall er es nicht tut, würde Sie ihn
wegen Trunkenheit im Verkehr anzeigen. Ist der B tatsächlich betrunken
gefahren, so ist die Drohung nicht widerrechtlich, weil es das gute Recht
der A ist, eine Straftat anzuzeigen. Die Erklärung ist nicht anfechtbar.
War der B jedoch nicht betrunken, so läge in der Anzeige eine
strafbare Verleumdung und die Drohung ist widerrechtlich. Die Erklärung
ist anfechtbar.
- arglistige Täuschung: Wurde der Erklärende arglistig getäuscht
und hat daraufhin eine Erklärung abgegeben, die er ohne die Täuschung
nicht abgegeben hätte, so kann er auch anfechten. § 123 BGB Zur
Arglistigen Täuschung ist die Kenntnis des täuschenden
von der Unrichtigkeit der Angaben oder Eigenschaften notwendig.
Die Anfechtung wegen Gründen aus der Sphäre des Anfechtungsgegners nach § 123 BGB kann innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Wegfall der Täuschung oder Bedrohung erfolgen.
Ist ein Vertreter beteiligt, so kann nur
angefochten werden, wenn sich der Vertreter geirrt hat. (§
166 I BGB )
bb) Die Erklärung der Anfechtung
Das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes allein macht das Geschäft noch
nicht nichtig. Möglicherweise hat sich ja der Irrende zu seinen Gunsten geirrt oder der Bedrohte hat ein Geschäft abgeschlossen, welches sich im nachhinein als günstig herausstellt. Die Anfechtung ist vielmehr ein
Gestaltungsrecht.
Der Anfechtende muss sich bewusst gegen das Geschäft entscheiden und muss die Anfechtung dem Vertragspartner gegenüber erklären; § 142 BGB. Es sind die bereits benannten Fristen einzuhalten. Der Begriff Anfechtung muss dabei aber nicht fallen. Es reicht aus, wenn der Anfechtende deutlich zu verstehen gibt, dass er an dem Vertrag nicht festhalten will.
Bei der Anfechtungserklärung sind auch die gesetzlich bestimmten Fristen einzuhalten, also bei Anfechtungsgründen aus der Sphäre des Anfechtenden muss die Anfechtung unverzüglich- also ohne schuldhaftes Zögern- erklärt werden. Bei Gründen, die aus der Sphäre des Anfechtungsgegners stammen bleibt das Anfechtungsrecht ein Jahr nach Wegfall der Bedrohung/ Täuschung bestehen.
cc) Rechtsfolgen der Anfechtung
Das Rechtsgeschäft ist nichtig und ist zurück abzuwickeln.
Lag ein Erklärungs-, Motiv- oder
Inhaltsirrtum vor, oder ist die Erklärung falsch übermittelt
worden, ist der Anfechtende schadensersatzpflichtig. § 122 BGB.
Bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung besteht kein Schadensersatzanspruch gegen den Anfechtenden. Das Gesetz regelt auch nicht ausdrücklich einen Schadensersatzanspruch des arglistig getäuschten oder widerrechtlich Bedrohten. Dennoch bestehen hier allgemeine Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der vorvertraglichen Pflichtverletzung.
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